Richtlinie 2.01
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Fachl. Anforderungen für die ordentliche Mitgliedschaft

Fachbereich "Handschriftenuntersuchung"

Richtlinie 2.01 (mod. gem. MV-Beschluß 1998)

 

 

Vorwort

 

Der Status eines Sachverständigen für Forensische Schriftuntersuchung (GFS) für den Fachbereich Handschriftenuntersuchung soll in Übereinstimmung mit den satzungsgemäßen Zielen der Gesellschaft, den anerkannten Kriterien für eine öffentliche Bestellung (Industrie- und Handelskammern) oder Zertifizierung (europäische Normen) nach innen und außen dokumentieren, dass das Mitglied die besonderen wissenschaftlichen Qualifikationskriterien dieses Fachgebiets erfüllt und zur verantwortlichen Erstattung einschlägiger Gutachten im Dienst der Rechtsprechung befähigt ist. Dies setzt u. a. voraus, dass der Sachverständige den erforderlichen allgemeinen und speziellen Anforderungen genügt und dass er sich verpflichtet, durch regelmäßiges Studium der Fachliteratur und Teilnahme an geeigneten Fortbildungsveranstaltungen die Entwicklung seines Fachgebiets in Forschung und Praxis mitzuvollziehen.

 

 

Allgemeine Anforderungen

 

Neben fachspezifischen Fähigkeiten soll der Sachverständige Kenntnisse auf folgenden Gebieten nachweisen:

  • Zivil- und Strafprozessrecht in den für Sachverständige relevanten Bereichen.
  • Gesetzliche Voraussetzungen und sonstige öffentlich-rechtliche Vorschriften für die Bestellung, Beauftragung und Gutachtenerstattung des Sachverständigen sowie dessen Rechte, Pflichten und Haftung.
  • Grundlagen und Aufbau des Sachverständigengutachtens, Erstattung und Vertretung von Gutachten.
  • Erkennen von formalen und inhaltlichen Fehlern der Begutachtung und deren Kontrolle.
  • Untersuchungsansätze in forensischen Nachbargebieten und fallspezifische Kooperationsmöglichkeiten (insbes. Dokumentenuntersuchung, Untersuchung technisch Gefertigter Schriften, Linguistik).
  • Technik des systematischen Literaturstudiums und methodische Voraussetzungen zum Verständnis der Fachliteratur und zur fachgerechten Durchführung eigener Untersuchungen.
  • Kostenabrechnung bzw. Entschädigung des Sachverständigen.

 

 

Spezielle Anforderungen

 

Der Sachverständige für Handschriftuntersuchung ist qualifiziert für die Begutachtung von handschriftlichen Erzeugnissen aller Art zur Ermittlung ihrer Echtheit, zur Identifizierung des Schrifturhebers sowie zur Ermittlung ihrer Entstehungsbedingungen im Dienste der Rechtsprechung. Dazu gehören insbesondere fundierte Kenntnisse auf folgenden Teilgebieten der Disziplin:

  • Gegenstand und methodische Grundlagen der forensischen Handschriftuntersuchung und Abgrenzung des Sachgebiets gegenüber anderen Handschriftendisziplinen (insbes. der Graphologie).
  • Axiome und Prämissen der Schriftvergleichung.
  • Psychophysiologische und anatomische Grundlagen der Schreibhandlung.
  • Einfluss von Schulvorlage, Schreiberziehung und schreibtechnischen Gegebenheiten auf die Handschrift.
  • Entstehung der individuellen Handschrift, ihre relative intraindividuelle Stabilität und interindividuelle Variabilität. Fremde Schriftsvsteme und Schulschriften.
  • Altersspezifische Wandlungen und pathologische Veränderungen der Handschrift. Einfluss sonstiger innerer und äußerer Bedingungsvariationen auf die Handschrift.
  • Arten von Schreibhilfe und deren Einfluss auf die Handschrift.
  • Techniken der Fälschung von Handschriften und Methoden ihrer Erkennung.
  • Optische und andere physikalisch-technische Methoden der Urkundenprüfung (Richtlinie 1.01 der GFS).
  • Anforderungen an das Schriftmaterial und erforderliche Informationen über Anknüpfungstatsachen für Handschriftuntersuchungen.
  • Grundlagen und Probleme der Begutachtung von Nicht-Originalen.
  • Anerkannte Systeme zur Erfassung metrischer und nicht-metrischer graphischer Variablen.
  • Besondere Probleme und Methoden der Urheberidentifizierung bei verstellten Handschriften.
  • Ansätze und Methoden der computergestützten Handschriftenuntersuchung und -vergleichung.

 

 

Literaturquellen

 

Zum selbständigen Studium der Fachliteratur eignen sich insbesondere folgende Monographien, Herausgeberbände und Einzelveröffentlichungen.

 

 

Literatur zu den allgemeinen Anforderungen:

 

Bayerlein, W (Hrsg.). (1990). Praxishandbuch Sachverständigenrecht. München: Beck. (BRD)

 

Bleutge. P. (1992). Gesetz über die Entschädigung von Zeugen und Sachverständigen. Kommentar. 2. Auflage. Essen: Verlag für Wirtschaft und Verwaltung. (BRD)

 

Hubert Wingen. (BRD) Bortz, J. & Döring, N. (1995). Forschungsmethoden und Evaluation. 2. Auflage.Berlin: Springer.

 

Jessnitzer, K., fortgeführt von Frieling, G. (1992). Der gerichtliche Sachverständige. Ein Handbuch für die Praxis. 10. neu bearbeitete Auflage. Köln: Heymanns. (BRD)

 

Kube, E., Störzer, H.U. & Timm, K.J. Hrsg. (1992 u. 1994). Kriminalistik. Handbuch für Praxis und Wisschenschaft, Band I u. II Stuttgart: Boorberg.

 

 

Basisliteratur zu "Handschriftenuntersuchung":

 

Conrad, W .u. Stier, B. (Hrsg.) (1989): Grundlagen, Methoden und Ergebnisse der Forensischen Schriftuntersuchung, 213 - 245. Lübeck: Schmidt-Römhild.

 

Ellen, D. M. (1992): The scientific examination of documents. Methods and techniques.
Chichester: Ellis Horwood.

 

Hecker, M. R. (1993): Forensische Handschriftenuntersuchung. Heidelberg:
Kriminalistik Verlag. Hilton, 0. (1982): Scientific Examination of Questioned Documents. New York: Elsevier.

 

Michel, L. (1982): Gerichtliche Schriftvergleichung.
Berlin: de Gruyter.

 

Pfanne, H. (1954): Die Schriftexpertise und ihre Bedeutung für die Rechtsprechung. Rudolstadt: Greifenverlag.

 

Pfanne, H. (1971): Handschriftenvergleichung für Juristen und Kriminalisten. Lübeck: Schmidt-Römhild.

 

Teulings, H.-J. (1994): Bewegungssteuerung beim Schreiben. In H. Heuer & S. W Kehle (Hrsg.):
Enzyklopädie der Psychologie, Themenbereich C, Serie 11, Band 3: Psychomotorik (S. 703-772). Göttingen: Hogrefe.

 

Wildt, M. (1990): Pathologische Veränderungen der Handschrift. Diss. Mannheim: Eigenverlag.

 

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