Forensische Schriftuntersuchung und Graphologie
Die
Begriffe „forensische Schriftuntersuchung“ und „Graphologie“ werden häufig
verwechselt oder gleichgestellt. Sie sind jedoch deutlich zu trennen.
Graphologie
und Forensische Schriftuntersuchung befassen sich beide mit Schrift und
Schreiben. Die Fragestellungen und die relevanten Methoden sind hingegen völlig unterschiedlich.
Es handelt sich um unabhängige
Disziplinen, die jeweils eine eigenständige Qualifikation erfordern.
Forensische
Schriftuntersuchung
Die
Urheberschaftsuntersuchung von handschriftlichen Schreibleistungen, die Prüfung
auf Verfälschung, die Altersbestimmung von Schreibleistungen sind Regelfälle
der Forensischen Schriftuntersuchung.
Hierzu sind keine Annahmen über den
Zusammenhang von Merkmalen der Handschrift mit Merkmalen der Person
erforderlich. Es erfolgt keine Deutung sondern eine vergleichende Analyse.
Die
fachlichen Anforderungen an Schriftsachverständige der Gesellschaft für
Forensische Schriftuntersuchung e.V. sind in den Statuten definiert. Sie
erfordern einen Ausbildungsnachweis oder eine Prüfung und eine langjährige Tätigkeit
unter Supervision.
Graphologie
Unter
Graphologie versteht man Persönlichkeitsdiagnostik auf der Grundlage von
graphischen Merkmalskonfigurationen. Diese Diagnostik wird häufig im Rahmen der
Bewerberauslese und in der Berufseignung eingesetzt. Andere Anwendungsbereiche
können z.B. allgemeine Persönlichkeitsbeurteilungen, Jugend-, Erziehungs-
und Partnerschaftsberatung sein. Aus den Merkmalen der Handschrift werden z.B.
Charaktereigenschaften oder Intelligenz der Person gedeutet.
Es
ist nicht Aufgabe der Schriftsachverständigen oder der GFS, sich mit der Validität
von graphologischen Diagnosen und möglicher Erklärungen zu befassen. Die
Definition von Anforderungen an Graphologen ist ebenfalls nicht Aufgabe der GFS.
Literaturverzeichnis:
Becker,
M. (1954): Beziehungen zwischen Graphologie und Schriftexpertise. Zeitschrift für
Menschenkunde 21, 1-13.
Hecker
M.R. (1993): Forensische Handschriftenuntersuchung. Heidelberg: Kriminalistik.
Michel,
L. (1995): Dubiose Praktiken der Forensischen Schriftuntersuchung. Kriminalistik
und Strafrecht. In: Schlüchter E. (Hg.). Festschrift für Friedrich Geerds. Lübeck:
Schmidt-Römhild.
Der Vorstand der Gesellschaft für Forensische Schriftuntersuchung (GFS)
e. V., 2012